Der Forstmann

Carl Eduard Ney (1841-1915), Pfarrer, Oberforstmeister und Schriftsteller

Früher galt’s für selbstverständlich,
daß der Forstmann Jäger sei;
Beide sind da gut gefahren,
Forstwirtschaft und Jägerei.

Was der Forstmann nicht erblickte,
ward dem Jäger offenbar,
und es war dem Jäger immer,
was der Wald bedurfte, klar.

War das Wild zu sehr gehegt,
legt der Forstmann Veto ein,
und mit Eifer sucht der Jäger,
daß der Wildbestand nicht zu klein. ·

Grundgelehrt kommt heut‘ der Forstmann
von der Hochschul‘ hasenrein,
von der Pirsche keine Ahnung,
von der Saujagd keinen Schein!

Zoologisch hoch gebildet,
kennt er jedes Käferlein,
und des kleinsten Käfers Bohrloch
macht ihm heut‘ die größte Pein.

Doch an des besten Hirsches Fährte
geht vorbei er ahnungslos;
sieht er ein verbissen Pflänzlein,
auf die Jagd geht’s Schelten los.

Umgekehrt‘ der heut’ge Jäger
sieht nur’s Jagdrevier im Wald.
Der Kulturen größter Schaden
läßt der Waidmann völlig kalt.

Sieht’s mit Ingrimm, wenn der Forstmann
seine Pflanzung rings umhegt ,
und zum Schutz des edlen Holzes
einen Hieb ins Dickicht legt.

Nur ich finde, daß sie beide
fahren schlecht so, Wald wie Jagd;
es verliert die Jagd an Reizen
und der Wald an seiner Pracht.

Sollen beide sich vertragen,
muß der Forstmann Jäger sein,
und der Jäger sei auch Forstmann
und nicht Jäger nur allein !!!!!!!

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Lieder und Reimereien eines alten Grünrocks aus der Pfalz
Verlag Karl J. Trübner, Straßburg, 1896