Mähtod
leider noch immer ein Thema, trotz technischen Fortschritts
Die Öffentlichkeit sieht im Jäger leider nur
einen, der Tiere "tot schießt", seine größte Aufgabe im Jahr, die Hege, wird
dabei kaum beachtet. Vor allem im Frühjahr, wenn die Brut- und Setzzeit beginnt, muss er sein Revier im ländlichen Raum nun besonders im Auge haben. Nun heißt es, zu beobachten, wo die Rehe ihre Kitze zur Welt bringen. Was sich im Laufe der Evolution bewährt hat, das Verharren und Wegducken, regloses Abwarten, bis der Fressfeind vorüber zieht, ist gegen die moderne Landwirtschaft machtlos. Wenn Großflächenmähwerke mit Geschwindigkeiten bis zu 15 km/ h und mit Arbeitsbreiten bis zu 15 m über die Wiesen und Felder fahren, ist an Flucht nicht zu denken. Was immer sich in dessen Arbeitsbereich befindet, erleidet einen vermeidbaren Häckslertod. In Deutschland sind aktuell (2019) etwa 51% der landwirtschaftlichen Fläche Grünland (ca. 2,3 Millionen Hektar). Hier wird regelmäßig im Jahr gemäht, um Heu oder Silage zu erzeugen, aber auch, um die wachsende Zahl von Biogasanlagen zu bestücken, die in riesigen Gäranlagen diese Biomasse nutzen. Schätzungen zufolge sterben jährlich rund
500.000 Tiere durch die Mahd. Allein 90-100.000 davon sind Rehkitze.² |
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Blick auf das Grünland in meinem Revier, hier setzt die Mahd auf einem gutem Quadratkilometer am selben Tag ein |
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Wenn die Pächter des Jagdgebietes
rechtzeitig vom Landwirt informiert werden, beginnen sie mit Vergrämungsmethoden
wie das Aufhängen von Plastiktüten, Aufstellen von Blinkpfählen oder das
Absuchen mit dem Hund.
Jedoch sind die Flächen, die abgesucht werden müssen, inzwischen derartig groß - vor allem in den neuen Bundesländern - dass diese Maßnahmen wenig effektiv sind. Anbaugeräte für die Maschinen gibt es ebenfalls, sie geben einen Signalton an das Wild ab. Leider reagieren die Kitze aber eher nicht darauf, sondern ducken sich noch tiefer in das Feld. Auf kleinen Flächen bewähren sich tragbarer Wildretter. Hier nutzt man eine knapp sechs Meter lange, ausziehbare Teleskopstange, an der mehrere Infrarot-Sensoren befestigt sind. Das 5 kg schwere Gerät wird in Bauch - bis Brusthöhe an einem Tragegurt befestigt durch die Wiese getragen. Solange es kühl ist, lösen die Sensoren einen Alarm aus, sobald eine Wärmequelle erkannt wird. Wenn sich jedoch das Grünland erwärmt, werden immer mehr Fehlalarme ausgelöst, so dass die Suche abgebrochen werden muss.. Aber nicht nur der Jäger hat ein Interesse an der Rettung der Tiere, der Landwirt nimmt mit der Aufnahme des Grünfutters und der Silierung in Kauf, dass sich das Bakterium Clostridium botulinum im Kadaverrest unter Sauerstoffausschluss bildet. Wenn die Silage dann z.B. an die Kühe verfüttert wird, sterben sie einen elenden Tod durch Botulismus. Die Lösung scheint einfach: ein erster Schnitt ab dem 15. Juni, oder besser ab dem 1. Juli, gewährleistet am ehesten das Überleben von Bodenbrütern, Rehkitzen und Junghasen. Jedoch muss der Landwirt ein hochwertiges Futter erzeugen, wenn er seine Tiere leistungsgerecht ernähren will. Die Europäischen Union hat daher Agrarumweltmaßnahmen eingeführt. Fördermittel sollen den Landwirt unterstützen, wenn sie den ersten Schnitt später im Jahr durchführen und das Grünland nicht so oft mähen. Ein größerer Abstand zwischen erstem und zweitem Mahdtermin erhöht zudem die Chancen für ein Zweitgelege bei Bodenbrütern. Auch Brachen müssen nach den derzeit
geltenden Richtlinien³ einmal jährlich nach dem 1. Juli gemulcht werden. Zu
diesem Zeitpunkt sind aber noch viele Jungvögel gefährdet und man vernichtet
wertvolle Strukturen der Feldflure. Viele Landesjagdverbände bieten aus diesem Grunde ein Formular an, mit dem Landwirte und Jäger eine Ausnahme von der Mulchpflicht beantragen können. Letztlich hilft das aber dem Milchbauern
nicht wirklich. Er wird daher auf das frühzeitige Mähen, bei günstiger Witterung
auch vor dem 15. Mai, setzten. Was kann man also tun? |
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nach der Mahd finden sich die Opfer |
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Studien belegen, dass das richtige Mähen ein
Fluchtverhalten auslöst und eine 60% Erfolgsquote hat. Die Tiere bekommen die Chance, aus dem Feld zu flüchten, wenn man nicht, wie üblich, an der Außenkante beginnend nach innen mäht, sondern in der Mitte beginnend nach außen mäht. Schmale lange Felder entsprechend rauf und runter, um die Flucht zur Seite frei zu geben. |
erfasst wird alles vom Mähwerk und den Reifen, ob Kitz, Hase, Fuchs, Vogelnest oder Maus |
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Mähfläche |
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Um die Quote der getöteten Tiere weiter zu
senken, ist der Einsatz von Drohnen mit Wärmebildkameras optimal. In vielen
Bundesländern gibt es inzwischen die Rehkitz-Rettung mit Multikoptern, an denen
eine Wärmebildkamera befestigt ist. Selbstverständlich benötigt man Erfahrung im
Umgang mit den entsprechenden Fluggeräten und ein Kenntnisnachweis für Drohnen
mit einem Gewicht von über zwei Kilogramm wird benötig. Flächen in der Nähe von
Bundesstraßen bzw. Autobahnen und in Naturschutzgebieten dürfen nicht oder nur
mit Sondergenehmigungen abgesucht werden. Wenn der Jäger seine Einstände gut kennt im Revier, weiß er, wo sich die Ricken aufhalten und setzen. Diese Vorinformation erleichtert das Auffinden ungemein. Nicht in jedem Feld befinden sich die Kitze an der Außenkante, in meinem Revier z.B. ziehen die Ricken in die Mitte und setzen dort. Entsprechend groß ist die Gefahr bei der Mahd. Die Ricke flieht vor der Maschine, das Kitz in der Feldmitte wird zum Opfer seines Verhaltens, sich bei Gefahr tief zu ducken. Entsprechend viele Kitze werden so jedes Jahr getötet, aber auch kleine Füchse, deren Bauten sich im Feld befinden, selbst die Mäuse können sich nicht retten, Nester werden zerstört, der Eingriff des Menschen ist enorm. Nachdem im Mai 2020 eine für mich unerträglich große Zahl von Kitzen getötet wurde, habe ich mich in meiner Not an die Rehkitzrettung-Brandenburg gewendet. Obwohl die Strecke recht weit ist und der Einzugsbereich weit überschritten, kam das Team in der Nacht bei uns an und suchte mit moderner Wärmebildkamera mehrere Tage vor der Mahd das Gelände ab. Leider wird Luzerne mit steigender Sonne so warm, das Kitze nicht mehr zu sehen sind. Doch frühzeitig am Morgen gesucht und eigene Kenntnisse der Einstände halfen, die Kitze zu orten und zu bergen. So ließ sich schneller und effektiver auf den riesigen Schlägen suchen. Die anfänglich recht skeptischen Traktoristen unterstützten das Treiben am Feldrand, gaben uns mehr Zeit und versuchten eine nach obigem Schema veränderte Mähtechnik. Bilanz dieser Änderung - alle Kitze konnten geborgen werden. Kein Tier musste sein Leben lassen, das Grün hat keine Gefahr des Botulismus durch Verwesungsprozesse der Kadaver. Ein Gewinn für beide Seiten. |
die Drohne mit der Wärmebildkamera |
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Gesetze, die den Landwirt
vorrangig verpflichten: Die Hege und Pflege unseres heimischen Wildbestandes ist nicht nur eine Pflicht der Jäger, Tierschutz geht uns alle an, also auch den Landwirt oder den tatsächlichen Maschinenführer bei der Mahd ! Ordnungsgemäße Landwirtschaft definiert sich als eine der Rechtsordnung gemäße Landnutzung !
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im Versteck |
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Gesetze, die den Jäger
nachrangig nach dem Landwirt verpflichten:
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in Sicherheit | ||||
Durchführung der Rettungsaktion:
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von der Ricke abgeholt | ||||
Aktion Kitzrettung in der Region Oder-Spree:
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gerettet | ||||
Bitte votet für mein Projekt bei der EON
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Kitzretter finden: https://kitzretter-finden.de | restlos erschöpft | |||
Quellen: 1 Praxisratgeber Mähtod, Deutsche Wildtierstiftung, 2019 ² L. Kittler: Wildverluste durch den Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen nach einer Erhebung aus dem Jagdjahr 1976/77 in Nordrhein-Westfalen; in "Zeitschrift für Jagdwissenschaft" 25/1979 p.22-32 ³ Richtlinie des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz desLandes Brandenburg zum Ausgleich von Kosten undEinkommensverlusten für Landwirte in Gebieten mit umweltspezifischen Einschränkungen 4.2.1.1 Extensive Grünlandnutzung (2.1.1) f |
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