Chancen, Risiken und Alternativen der energetischen Nutzung der Wälder

Wer in die Zukunft blickt, sollte die Lehren der Vergangenheit nicht vergessen.

 
 

Gedanken zur Energiewende
Was ist erneuerbare Energie?
Energiegewinnung durch Holz aus dem Wald

Geschichtlicher Rückblick der Waldnutzung als Energieträger
Energienutzung als Risikofaktor für den Wald?
Chancen für den Wald?

Kurzumtriebswirtschaft

KUP auf landwirtschaftlichen Flächen

 

 

 

 

 

Gedanken zur Energiewende - Pro und Kontra

 

Grundgedanke:

  • WIR wollen nicht das unsere Umwelt dauerhaft zerstört und radioaktiv vernichtet, unsere Gesundheit auf Spiel gesetzt, wir unser Land verlieren, oder enteignet werden, der CO2-Ausstoß erhöht, landwirtschaftliche Flächen nicht mehr als solche nutzbar sind oder sich einige wenige zu Lasten von vielen bereichern

 

 

  • Ziel: Senkung von CO2 Emissionen, Senkung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgen
  • Einsparung wertvoller Rohstoffe wie Braunkohle, Erdöl und Erdgas, Steinsalz, Kali
  • Nutzung nachwachsender Rohstoffe, und natürlich vorhandener Ressourcen (Wind, Sonne, Wasser)
  • Zielsetzung der EU bis 2020 den Ausstoß der Treibhausgase in den Mitgliedsstaaten um 20% zu senken (im Vergleich zum Jahr 2005) und die erneuerbare Energie auf 20% zu erhöhen und somit die Energieeffizienz um 20% zu steigern (verpflichtend für alle EU Mitgliedsstaaten)0)
  • der Atomunfall 2011 in Fukushima erzeugte Atomhysterie und Panik
  • Parteien nutzten ideologisch begründeten Ausstieg als Wahlkampfthema
  • Folge: Politik ordnete einen überstürzten Rückzug aus konservativer Energiepolitik an
  • Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) wurde überarbeitet und in immer kürzeren Zeitabständen novelliert
  • Energiepreise für Privathaushalte steigen4), Stromerzeugung ist nicht mehr kontinuierlich, der Netzausbau reicht nicht aus 1), Überproduktion wird teilweise unentgeltlich ins Ausland exportiert2)
  • Folge: Bürgerproteste3) gegen steigende Strompreise, "Verspargelung" der Landschaft mit Windkrafträdern5)  , CO2-Verpressung6), Überlandstromtrassen7) u. v. m.
Was ist erneuerbare Energie?
  • Begriffserklärung: „Erneuerbare Energien, regenerative Energien: Alternativenergie, jede zur Energieversorgung nutzbare, sich erneuernde Energie, die scheinbar unbegrenzt zur Verfügung steht, z.B. Wind-, Gezeiten-, Sonnen-, Geothermische Energie *)
  • Grüne Energie soll Mensch + Natur schonen, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen, generations- und staatenübergreifend sein
  • Bioenergie aus nachhaltig erzeugten nachwachsenden Rohstoffen pflanzlicher Herkunft sowie aus biogenen Abfallprodukten
  • Rund 5,5% des Energiebedarfes in Deutschland wird durch erneuerbare Energien erzeugt (davon aus Biomasse fast 70% der Endenergien Strom, Wärme und Treibstoff )13)
Energiegewinnung durch Holz aus dem Wald
  • Bei biogenen Festbrennstoffen findet eine verstärkte Nutzung von Abfällen der Forstwirtschaft und der Holzindustrie statt.
  • Zu den Abfällen der Forstwirtschaft zählen z.B. Schlagabraum, Waldhackgut, Sägenebenprodukte, Flurgehölze, Strauchschnitte
  • Reisig zur Gewinnung von Hackschnitzeln sowie Holzpellets und Holzbriketts
  • Auch Altholz wird in Biomasseheizwerken oder Biomasseheizkraftwerken in erhöhtem Maß genutzt, z. B. Sortiment Energieholz, schwaches Kronenholz
Geschichtlicher Rückblick der Waldnutzung als Energieträger:
  • Vor etwa 100.000 Jahren war Europa bedeckt von subarktischer Tundra, Geröll- und Eisflächen. Die wenigen Gehölze waren bis kniehohe Zwergstrauchgehölze, Zwergbirke und Polarweide.
  • Vor 15.000 Jahren stiegen die Temperaturen, Pioniergehölze wie Birke und Weide bereiteten den Weg für die Ansiedlung von Kiefer, Hasel, Eiche, Linde und Ulme.
  • Vor 9.000 Jahren bedeckten ausgedehnte Eichenwälder Mitteleuropa.
  • Vor 6.000 Jahren hatten die Konkurrenz unter den Baumarten die Wälder verändert, vorherrschend auf der Fläche des heutigen Deutschlandes mit etwa 2/3 des Waldes war die Buche. Auf den ausgedehnten Lichtungen begann sich der Mensch einzurichten und Siedlungen zu bauen. Tacitus beschrieb das freie Germanien (Germania magna) im 1. Jahrhundert als „terra aut silvis horrida aut paludibus foeda“ – ein Land, bedeckt von schrecklichen Wäldern oder abscheulichen Sümpfen.
  • Die erste große Periode der Waldrodung erstreckte sich von der Zeit der Völkerwanderung bis etwa zum Ende des 14. Jahrhunderts n. Chr., als Deutschland nur noch mit etwa 1/3 seiner Fläche von Wald bedeckt war.
  • Der Wald war im Mittelalter Nahrungsgrundlage, Energielieferant, Rohstofflieferant für Gewerke. Die Nutzung erfolgte ungeregelt und so radikal, dass im 15. Jahrhundert die Landesfürsten Forstordnungen erließen, die Vorschriften enthielten, mit dem Holz sparsamer umzugehen und die Naturverjüngung nicht zu schädigen. Es wurden Niederwälder zur Brennholzgewinnung genutzt, die in Schläge eingeteilt wurden. Die Umtriebszeit von 15 Jahren verhinderte die Übernutzung, die Stockausschläge der Wurzeln auf den abgeholzten Schlägen sorgten für den Neubewuchs - somit kann man diese Wälder als Vorläufer der KUP ansehen. In Hutewäldern jedoch setzte durch Überweidung und Verbiss eine Schädigung der natürlichen Verjüngung ein.
  • Im 16. Jhdt. begann man Vieh mehr in Ställen zu halten, die Nutzung von Nadeln und Laub als Futter und Einstreu entzog dem Wald die Nährstoffgrundlage. Holz wurde nicht nur als Heizmaterial in der damaligen Kälteperiode benötigt, sondern zunehmend in Bergwerken, Glashütten verbrannten 90% ihres Holzbedarfes zu Pottasche, Köhlereien produzierten Holzkohle, Siedereien Salz, der Schiffsbau forderte immer mehr Holz und es begann eine ungeheure Rodungswelle. Sie gipfelte in der so genannten  Holznot.
  • 1713 H. C. von Carlowitz formulierte den Gedanken, respektvoll und „pfleglich“ mit der Natur und ihren Rohstoffen umzugehen und kritisierte den auf kurzfristigen Gewinn ausgelegten Raubbau der Wälder. Obwohl das Wort "nachhaltend" in seinem Werke über die Forstwirtschaft "Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht" nur einmal vorkommt, gilt von Carlowitz als Schöpfer des Begriffes "Nachhaltigkeit".
  • Zu Beginn des 19. Jhdts waren in Deutschland nur noch etwa 10% der heutigen Waldflächen vorhanden. Der Wald war in einem schlechten Zustand, es gab ausgedehnte Erosionsflächen, dazwischen nur noch Buschwerk. Die Rettung des Waldes war die Erfindung der Dampfmaschine und mit ihr der Bau der Eisenbahn. Nun konnte Kohle kostengünstig über weite Strecken transportiert werden und den Energiebedarf decken. Die Erkenntnis, das dieser Raubbau zu Wassermangel, aber auch zu Überschwemmungen und weiterer Bodenerosion führte, sorgte für ein Umdenken.
  • Mit dem Ende der Napoleonischen Kriege wurden Reformen durchgeführt, die den Wald wieder vermehren sollten.
  • 1815 Heinrich Cotta ist der Begründer der modernen, nachhaltigen Forstwirtschaft und Forstwissenschaft und leistete den Übergang von der "Holzzucht" zum "Waldbau" als einer ganzheitlichen "Wissenschaft und Kunst zugleich". Cotta prägte den Begriff "Waldbau" überhaupt erst, vor allem durch sein berühmtestes Buch "Anweisung zum Waldbau" (1817)
  • Die Trennung von Land- und Forstwirtschaft führte zu Nadelholzmonokulturen, die den Bedarf an Holz schnell decken konnten, aber durch ihre Artenarmut ökologisch bedenklich sind, allerdings war die Kiefer in Brandenburg oft die einzig geeignet Baumart zur Wiederaufforstung des erodierten Sandbodens.
  • Die in den 1980er Jahren vermehrt auftretenden Waldschäden ("Waldsterben") brachten den Wald in den Blick der Öffentlichkeit zurück. Die Forstwirtschaft reagierte mit einem Rückbau der Nadelholzmonokulturen und sorgte mit Neupflanzungen für naturnähere Mischwälder.

Entwaldung um Schloss Zeil im 17. Jhdt.13)

 Hans Carl von Carlowitz (1645-1714) 14)

Heinrich Cotta (1763-1844) 15)

   
Energienutzung als Risikofaktor für den Wald ?
  • "Atomkraft nein danke - Umweltzerstörung ja bitte ?" - Gefahren ohne nachhaltige Nutzung:
  • Nährstoffkreisläufe werden gestört d.h. Gleichgewicht zwischen Nährstoffverlust und Nachlieferung aus der Verwitterung der Minerale und dem Eintrag durch Niederschlag sind nicht gewährleistet
  • Nährstoffverluste mit dem Sickerwasser durch Schadstoffeinträge (gestörter Stoffkreislauf) -> Bodenversauerung
  • Nährstoffeintrag wird nicht mehr gedeckt
  • Bei Vollbaumnutzung gehen den ärmeren Böden bereits 75% der Nährstoffe verloren, kräftigeren Böden nur 1% 8)
  • Höheres Risiko von abiotischen Schäden und Zuwachsverluste der Bäume
  • Vergrasung der lichter aufgeschlossenen Flächen -> fördert das Aufkommen von Kurzschwanz-, Scher-, Rötel-, Feld- und Erdmäusen welche Schäden an den Wurzel der Naturverjüngung /Pflanzung verursachen bzw. Fraß oberirdisch an der Stammbasis
  • Erhöhter Wildverbiss und Fege-/Schälschaden an Naturverjüngungen, gerade im Winter (keine Schälmöglichkeit für Rotwild an den liegen gebliebenen Kronen)
  • Verlust von Kleinhabitaten für Kerfe, Bilche und biotopholzbewohnende Vögel
 
Chancen für den Wald ?
  • bei nachhaltiger Nutzung:
  • CO2-neutrales Holz als regionaler Brennstoff, der Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern erhöht => Versorgungssicherung durch Holz => kostengünstiges Heizen
  • um diese Bedürfnisse zu sichern, müssen mehr Waldflächen geschaffen werden => Aufforstung
  • Schaffung von wertvollen Biotopen und Rückzugsflächen für Tiere
  • Wertsteigerung geringwertiger Sortimente => dadurch erhöhte Wertschöpfung dem Wald gegenüber
  • Umwidmung von minderwertigen Ackerflächen zu Kurzumtriebsplantagen (KUP), um die Übernutzung der Wälder zu verhindern
  • Nutzung von Energietrassen der Energieversorger 12) als Kurzumtriebsplantagen, um wertvolle Waldflächen zu schonen und Brachflächen zu nutzen.

Pappelstecklinge beginnen zu treiben 11)

Kurzumtriebswirtschaft
  • Entstanden, weil heimische Wälder nicht den künftigen Bedarf an Energieholz decken können.
  • Die Zertifizierungssysteme PEFC und FSC begrenzen die Waldrestholznutzung erheblich bzw. schließen sie sogar aus.
  • Verpflichtung z.B. im Landeswald Brandenburg, Bodenanalyse vor der Holzernte zu tätigen um die Bodenvitalität nicht zu degradieren.
  • Kurzumtriebsplantagen werden als landwirtschaftliche Dauerkulturen eingestuft, sofern die Umtriebszeit nicht länger als 20 Jahre beträgt. Die Flächen sind nach EG-Verordnung 1120/2009 beihilfefähig. Grundlage ist die Novellierung des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) 2010.
  • Verwendung von Laubbäumen mit raschem Jugendwachstum und der Fähigkeit, aus dem Stock neu auszuschlagen.
  • Je nach Standort und Baumart, alle 2-7 Jahre Ernte (Erträge bis zu 20 Jahre lang anhaltend gut)
  • In Deutschland wurden Weiden, Pappeln, Robinien, Birken, Erlen, die Gemeine Esche sowie Stiel-, Trauben- und Roteiche zur Nutzung zugelassen.

Pappel 2013 gepflanzt

 
KUP auf landwirtschaftlichen Flächen
  • bis zu 4mal höherer Biomasseertrag als Wald
  • Pflanzungen mit bis zu 18.000 Bäume je ha
  • Vorteile für die Landwirte: Nutzung zur eigenen Energieerzeugung, gute Erträge bei geringem Arbeitsaufwand, hohe Deckungsbeiträge möglich
  • Produktive Bewirtschaftung von Grenzertragsböden und Stilllegungsflächen
    Erträge und Energiegehalt: 7-20 atro Tonnen pro Jahr und Hektar, je nach Standort und Kulturart (erntefrischer Zustand etwa 45-150 srm)
  • wirkt sich positiv auf die Biodiversität aus, KUP stellt aber gegenüber naturnahem Wald eine Verarmung dar 9) 10)
  • trägt zur Strukturierung der Landschaft und zur Schaffung von Lebensräumen und Trittsteinen für verschiedene Pflanzenarten bei 9) 10)

Robinie und Weide, Stockausschlag nach der ersten Nutzung

   

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Quellen:

Österreichischer Biomasse-Verband

0) Klimaagenda

1) NDR Netzausbau

2) FAZ Deutschlands wundersame Stromschwemme

3) Energieverbraucher

4)  SWD Energieeffiziens EEG Umlage

5) FAZ Wie Windräder die Umwelt zerstören

6) CO2-Bombe

7) Göttinger Tageblatt Stromtrassengegner ziehen vor den Landtag

8) Waldwissen

Netzausbau 2013

9) Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V. (Hrsg.): Energieholzproduktion in der Landwirtschaft – Chancen und Risiken aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes

10) Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland ([BUND]) (Hrsg.): Kurzumtriebsplantagen für die Energieholzgewinnung: Chancen und Risiken = Position 55

13) BMU Kurzinfo Bioenergie

11ein Dank an Gärtnermeister Reinhard Sperr, der mir kostenfreies Infomaterial zur Verfügung stellte zu   Pappel, Weide und Robinie im Kurzumtrieb

12) RWE

13) Schloss Zeil mit Umgebung, undatierter Kupferstich, Augsburg, Verleger Wolff, 17. Jh. (Waldburg-Zeil'sches Gesamtarchiv Schloß Zeil)

14) Gedenktafel in Freiberg, geschaffen von Bertrand Freiesleben, Bild : Unukorno

15) Lithographie von G. Weinhold, um 1840

Wikipedia, Wikimedia

Kurzumtriebskultur aus Hybridpappeln.

Links vierjährig, rechts einjähriger Stockausschlag.

Foto : Nasenbär

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weiterführende Links:

Waldökologe Emer. Univ. Prof. Dr. Gerhard Glatzel:

Rückkehr zur Energie aus dem Wald — mehr als ein Holzweg? Teil 1-3

Windkraft über Wald Positionspapier des Bundesamtes für Naturschutz

DLG Merkblatt 367 Windräder im Wald

DLG Merkblatt 368 Stromvermarktung außerhalb des EEG 2012 - Chancen und Risiken für Biogasanlagen

DLG-Merkblatt 371 Kurzumtriebsplantagen Anlage, Pflege, Ernte und Wertschöpfung

Energieholz aus Kurzumtriebsplantagen - ETI-Brandenburg

Unter unserem Himmel Energie aus dem Wald - Die Grenzen der Nachhaltigkeit - 26.01.2014, 19:00 Uhr, Bayerisches Fernsehen, 43 Min.

   

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